Evenhof (4)

und weiter gehts:

Ein paar Tage später war es dann soweit. Wolfgang erklärte mir ganz geduldig und fachmännisch das Satteln und Trensen an seinem Pferd Leo. Wir gingen in die Halle und ich stieg auf. Man muß dazu sagen, daß Leo für ein QH eine ganz beachtliche Größe hat. Er kann es schon mit einem kleinen Warmblut aufnehmen, mit seinen über 160 cm.

Der Schritt erinnerte mich dann auch eher an eine Schiffschaukel und als es dann später ans Traben ging, warf er mich nur so durch die Gegend. Ich war bis dato immer stolz auf meinen guten Sitz, der auch die härtesten Kandidaten aushielt. Aber hier war überhaupt nichts zu machen. Als es dann an den Galopp ging, kam die nächste Überraschung – es war sanft, wie auf Wolken. Aber Leo war sehr triebig, eine Eigenschaft, die ich noch nie leiden konnte. Setzte man nicht ständig seine ganze Kraft mit Kreuz und Schenkel ein, fiel er sofort wieder in den Schritt. Ich hatte meine liebe Mühe und ehrlich gesagt, fand ich es schrecklich. Ständig fiel er mir aus und galoppierte später gar nicht erst wieder an. Der Trab war der blanke Horror und im Schritt schlief er auch fast ein. Nein, das war nichts für mich.

Beim nächsten Mal – es war verabredet, daß ich wieder Leo reite – holte Wolfgang dann direkt Lady aus der Box. Ich wurde ganz nervös. „Äh, soll ich die etwa schon reiten“, erinnerte ich mich an den rasanten Galopp den ich vor ein paar Tagen gesehen hatte. Aber tatsächlich hatte mein neuer Reitlehrer befunden, daß es sich bei mir und Leo wohl nicht um das Traumpaar handeln würde, daß ich aber tatsächlich ganz gut auf Lady passen könnte. Also sollte ich sie heute schon reiten. „Keine Angst, sie ist ganz brav – nur halte Dich mit dem Galopp zurück. Ich zeige Dir das schon“, versuchte Wolfgang mein Vertrauen zu Lady aufzubauen.

Lady lies sich genüßlich von mir putzen und stand still wie eine Statue. Ich genoß ihre Größe. Da ließ sich endlich mal ein Pferd von mir händeln, ohne daß ich mich winzig und verloren fühlen mußte. Sie genoß meine Pflege. „Ah ja, hier ist meine Lieblingsstelle, reib noch etwas fester. Hier auch, und da und da und da.....“ Ihr „Putzgesicht“ war unbeschreiblich. Die kleinen Hufe gab sie ganz freiwillig und überhaupt schien sie ein wirklich nettes und sanftes Pferd zu sein und sie war tatsächlich super zu händeln.

Wolfgang ließ mich satteln, trenste mit „Snaffle with shanks“ und wir gingen in die Halle. "Setz Dich erstmal drauf, ich sage Dir dann, was Du machen mußt." Ich glaube, mein Herz hing in der Hose, ich war so nervös. Todesmutig schwang ich mich auf das Pferd, von dem ich erst vor ein paar Tagen geschworen hätte, daß niemand mich jemals dort rauf bekommen würde.

Wolfgang riet mir, die Zügel ganz kurz zu nehmen. Das fand Lady wiederum gar nicht gut. Sie ging zwei Schritte und trabte dann gleich an, legte sich auf die Zügel, die ich nun wirklich kurz genommen hatte und rannte unkontrolliert mit mir durch die Halle. „Mach es wie beim Englischreiten! Setze Dich einfach erst einmal durch!“ kommentierte Wolfgang diesen chaotischen ersten Versuch, mit Lady klarzukommen. Ich riß der armen Lady mit dem Shank-Snaffel im Maul rum, hatte die Beine dran und war froh als sie nur noch im Schritt mit mir durch die Halle tänzelte.

Meine Gedanken überschlugen sich. Trotz dieses chaotischen ersten Versuchs war ich hin und weg. „Wow, so ein gutes Pferd habe ich noch nie geritten“, war alles, was ich denken konnte, und es war um mich geschehen. Dies war mein Pferd.

Und dabei machte ich wirklich keine gute Figur. „Schade, das war’s dann wohl“, dachte ich mir dann. „Erst versage ich so kläglich mit Leo und nun auch noch mit ihr.“ Ich machte mich auf ein „Tut mir leid, so geht das nicht“ gefaßt, ...

Bald geht es weiter.

Alles Liebe

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