Evenhof (36)

Diese und anderes Aktionen und die typischen, nirgends fehlenden Einstaller, die einem das Leben immer schon schwer machten, bewirkten, daß das Stallklima merklich nachließ.

Leider hatte ich mich mit einer Einstallerin angefreundet - Susanne war ja kaum noch auf dem Hof - die zu dem oben erwähnten Kreis gehörte und prompt wurde ich wider jeden besseren Wissens zu diesem Kreis gezählt, obwohl ich mich mit den meisten von ihnen noch nicht einmal gut verstanden habe. Bald spürte auch ich eine Ablehnung, die vorher nicht da war. Als diese Leute, alle gemeinsam, den Stall verließen, nicht ohne „verbrannte Erde“ zu hinterlassen, nahm Wolfgang das persönlich und seine Laune sank von Tag zu Tag.

Kurze Zeit später kam ich eines sonntags Nachmittag zufällig noch einmal auf den Hof, weil ich etwas vergessen hatte und stand plötzlich vor unserem Paddock, welches, ohne vorherige Andeutung, geschweige denn Absprache, auf ca. die Hälfte verkleinert worden war. Es war immer noch groß genug und immer noch das beste Paddock von allen, aber die Aktion selbst und vor allem die Heimlichkeit mit der das passierte, machte mich dermaßen wütend, daß ich mich sprachlos und verzweifelt heulend ins Auto schmiß und nach Hause raste. „Wie sollte ich bloß reagieren, wenn ich Wolfgang das nächste Mal gegenübertreten mußte?“ Von diesem Tag an fühlte ich mich auf dem Hof nicht mehr wohl.

Lehnchens Besitzer wollten ihr Fohlen Anfang Mai nach Hause holen. Sie boten mir an, Luzie mitzunehmen. Was mir noch vor einem halben Jahr undenkbar erschien, geisterte mir nun im Kopf herum und nach einigen weiteren merkwürdigen Aktionen im Stall entschloss ich mich schweren Herzens, daß Luzie mit Lehnchen gehen sollte. Ich stellte mir vor, daß sich die Luft nach einiger Zeit wieder klären würde und ich dann Zeit zurückkommen könnte und da es auch keine Alternative in Form von anderen Jungpferden auf dem Hof gab, wurde ganz kurzfristig Luzie zu Lehnchen in den Hänger gepackt.



Wolfgang und Doro reagierten wie befürchtet und schon hatte sich die Reitbeteiligung mit Lady dann auch erledigt. Der Evenhof war nun tabu für mich und ich mußte täglich 20 Minuten weiter fahren um zu Luzie zu kommen.

Ich stellte mir das anfangs ganz entspannt vor. Ich wollte nur jeden zweiten oder dritten Tag zu meinem Pferd fahren, was auch meiner Beziehung zu meinem damaligen Lebensgefährten mal ganz gut getan hätte. Luzie wurde ja mit einem Jahr noch nicht gearbeitet. Sie stand dort im Offenstall und konnte sich den ganzen Tag bewegen. Ich wollte also nur noch dorthin, um sie ein wenig zu betüddeln und mich ein wenig an der Stallarbeit zu beteiligen.

Aber Luzie machte mir einen Strich durch die Rechnung. Mal hatte sie ein Hufgeschwür, was täglich behandelt werden mußte, oder sich am Auge verletzt, was beobachtet und gesalbt werden mußte, eine Erkältung, die gepflegt werden wollte und dann folgte eine Trittverletzung, die sich, weil ich tatsächlich mal zwei Tage nicht kommen konnte, so sehr entzündet hatte, daß ich fortan sechs Wochen lang täglich einen Sauerkrautverband auswechseln durfte. Die Narbe sieht man heute noch auf einem der Röhrbeine.

Dann kam dazu, daß die Stallbetreiber öfter mal wegfuhren und ich mich anbot, die Stallarbeit zu übernehmen. Es wurden auch immer mehr Pferde und immer mehr Arbeit. Acht Pferde privat zu halten und dabei täglich zweimal abzuäppeln, täglich die Boxen für die Nacht zu misten und die Wiese abzusammeln braucht ganz schön viel Zeit. Dazu kam das Füttern, Mist wegbringen, Heuernte und und und. Auch wenn ich nur half und das gerne tat, es war und blieb viel Arbeit.

Außerdem spitzte sich Luzies Durchfall zu, den sie eigentlich schon von Anfang an hatte. Sie litt unter Kotwasser und die Haufen rochen ekelhaft.

Eine Freundin der Familie, die Luzie unterstellte, hatte eine Heilpraktikerpraxis und beschäftigte sich sehr intensiv mit Bioresonanztherapie. Sie bot mir an, Luzie zu behandeln und ich sagte zu. Nun wurde die Kleine regelmäßig mit Wellen beschossen und bekam homöopathische Medikamente. Ich kann nicht sagen, was von alle dem, was wir probiert haben, geholfen hat, ich weiß nur, daß sie heute beschwerdefrei ist. Und ich bin Gisela, Lehnchens Züchterin, sehr dankbar, daß sie sich so intensiv mit diesem Problem auseinandergesetzt hat. Einmal hat sie sogar für mich beim Tierarzt der Firma Pfitzer angerufen und sich beraten lassen, wie ich dieses Pferd am besten entwurmen sollte. Das hat uns damals einen großen Schritt weitergebracht.



Der Winter kam und ich stellte fest, daß Luzie und ich nicht besonders offenstalltauglich waren. Sie verzog sich gerne nach drinnen und hatte immer eine Abseitsstellung in der Herde. Ich war die ganze viele Arbeit und die Fahrerei satt und ich glaube, auch Gisela hatte die Nase voll von meinem Pferd, auch wenn sie nie etwas sagte. Wenn sie vorher gewußt hätte, wieviel Arbeit die Kleine machte, hätte sie sie wohl gar nicht erst mitgenommen.




Lieben Gruß
Eure












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