Evenhof (13)

Es war das erste Mal, daß ich ein Pferd aus der Vollnarkose erwachen sah. Man erklärte uns den Ablauf und die Risiken. Ich fand es schrecklich. Die Gummibox, diesen Tubus im Maul, die „toten“ Augen, das schreckhafte Erwachen und das plötzliche Aufspringen ohne bereits Herr über seine Glieder zu sein.

Überraschenderweise war Sahib sehr schnell wieder auf dem Damm und fit genug, um in seine Box zu gehen. Zu gehen war wohl übertrieben. Er hatte einen riesigen Gipsverband an dem betroffenen Vorderlauf und humpelte verzweifelt. Als wir ihn aus der Box in seinen Stall brachten überraschte er uns mit seinem hellen Wiehern zur Begrüßung der anderen Pferde, als wollte er sagen: „Ich bin wieder da und ich LEBE!!!“ Wer das schon einmal erlebt hat, weiß wie aufreibend solche Momente sind.

Es folgte banges Warten. Würde die OP anschlagen? Hatte man das richtige Antibiotikum gefunden? Bei der OP wurde ein Abstrich aus der Wunde genommen und ins Labor nach Hannover gesandt. Dort würde man Kolonien anlegen und dabei herausbekommen, welches Antibiotikum das richtige wäre. Bis dahin sollte Sahib eine Breitbandantibiotikum bekommen, welches einige Bakterienstämme abdecken würde. Mit ein bißchen Glück....

Unterdessen hatte ich mit Susanne telefoniert. „Tue, was zu tun ist. Ich kann erst in einer Woche wiederkommen. Bitte kümmre Dich um Sahib, war Ihre Bitte an mich.“ Ok, das tat ich dann auch. Täglich fuhr ich zu ihm in die Klinik, täglich eine Dreiviertelstunde hin und ebenso lange zurück. Wenn ich Pech hatte, und in den Berufsverkehr kam, wurde die Strecke zur Tortur. Aber ich tat es gerne, für Sahib, für Susanne, für mich.

Als ich am zweiten Tag dort ankam, hatte Sahib bereits ein spezielles Eisen zur Entlastung des betroffenen Beins bekommen. So stand er dann auf seinem Stöckelschuh in seiner Box und war, den Umständen entsprechend, doch recht fröhlich. Aber man sah auch, daß er Schmerzen hatte.

Ich weiß den zeitlichen Ablauf nicht mehr so genau. Das Ganze ist schon so lange her. Fazit war, nachdem Susanne wieder da war, fuhren wir täglich zusammen zu ihrem Pferd. Die Prognose sah nicht gut aus. Es hatten sich Fibrinfasern gebildet und die Sehnenscheide mußte erneut gespült werden. Wieder eine Vollnarkose. Wieder dieses schreckliche Erwachen, wieder diese trotzige und laute Begrüßung der anderen. Und weiterhin banges Warten. Wann traf endlich das Ergebnis aus dem Labor ein? Ich glaube, es waren bereits zwei Wochen vergangen, als es endlich da war.


Alles Liebe
Eure

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