Evenhof (14)

Und es war niederschmetternd. Pseudomonas aeruginosa – häufig im Wald zu finden - Schlimmeres hätte nicht in Sahibs Sehnenscheide eindringen können. Sie waren kaum zu bekämpfen und schon gar nicht mit dem Breitbandantibiotikum. Man hätte auch Spüli nehmen können, das hätte ungefähr den gleichen Effekt gehabt.

Es folgte die dritte und vierte Spülung, sprich die dritte und vierte OP. Einzige Hoffnung war nun noch ein Mittel, daß für Menschen zugelassen war. Es war teuer und wurde von den Pferden nicht gut vertragen. Aber es gab nur noch zwei Dinge – entweder dieses Mittel oder Sahib würde diese Verletzung nicht überleben.

Die Ärzte hatten Susanne inzwischen darüber aufgeklärt, daß die Kosten langsam den Wert des Pferdes übersteigen würden und daß er, auch wenn er es schaffen würde, wohl nie wieder belastbar sein könnte. „Das ist mir egal – Sahib soll leben und wenn es nur noch ein glückliches Leben auf der Wiese ist – der schafft das. Kosten – egal!“ Susanne war entschlossen Ihrem Sahib zu helfen. Hatte sie doch schon einmal ein Pferd auf tragische Weise verloren. Dieses sollte leben.

Sahib bekam also dieses Mittel. Manche Pferde vertrugen es nicht und bekamen schlimmste Koliken, andere wiederum zeigten keinerlei Reaktion und wurden einfach gesund.

Am 31. August 1997 war ich früh auf dem Weg zu Susanne, mit der ich an diesem Sonntag Morgen in die Klinik fahren wollte. Ich dachte an meine Schwester, die an diesem Tag Geburtstag hatte, als ich die Nachricht vom Tode Lady Di’s aus dem Radio vernahm.

Susanne und ich standen vor dem verschlossenen Kliniktor. Sie ging, wie schon öfter rein, um den Pflegern zu sagen, daß sie das Tor für mich öffnen sollten. Ich wartete und wartete. Mit einem Mal hörte ich aus der Gegensprechanlage Susannes verstörte Stimme: „Es geht ihm nicht gut. Er steht auf Intensiv. Komm!“

Ich fand sie dann bei ihrem Pferd, der erbärmlich in seinem Halfter hing. Festgebunden in der Box, damit er sich die Kanüle nicht rausriß. Man hatte ihn morgens in seiner Box gefunden. Er mußte die halbe Nacht getobt haben vor Schmerzen. Der Kreislauf war zusammengebrochen – typisch bei den ganz schlimmen Koliken und wenn es ihm nicht bald besser ginge, müßte er wieder operiert werden – zum fünften Mal in vier Wochen, diesmal nicht am Bein sondern in Form einer Kolikoperation.

Susanne mußte gehen. Sie hatte einen wichtigen geschäftlichen Termin. Ich setzte sie zu Hause ab. Das war gegen 12 Uhr.Nachmittags – so gegen zwei - kam der Anruf. Sahib war tot. Die OP zeigte nur noch einen Meter bereits grünen, abgestorbenen Darms. Er hatte keine Chance mehr. Man hat ihn nicht mehr aus der Narkose erwachen lassen. Susanne erhielt die Nachricht im Eingang des Lokals, wo ihr Termin stattfand. Wie es ihr ging, kann man sich vorstellen.

Alles Liebe
Eure

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